Montag, 11. April 2022

1. Woche Namibia

Mit schwerem Herzen warfen wir einen letzten Blick aus dem Flieger auf den Tafelberg. Würden wir nach den wundervollen 8 Wochen in Südafrika unsere Weiterreise ins trockene Namibia bereuen? Ist übernachten im Dachzelt mit bald 50-ig wirklich eine gute Idee? Diese und andere Fragen gingen mir während des 2-stündigen Flugs von Kapstadt nach Namibia durch den Kopf.

Doch bereits die schöne Fahrt vom Flughafen nach Windhoek liessen viele meiner Befürchtungen schwinden und die tolle Einführung durch Michelle weckte Vorfreude auf unsere geplante 33-tägige Rundreise durch Namibia.

Das deutsche Kolonialerbe war in der Hauptstadt besonders stark zu spüren. Nicht nur die Strassennamen sind deutsch, sondern wir fanden auch Eisbein und Jägerschnitzel auf der Speisekarte. Zudem wird auch in der dritten Generation immer noch deutsch gesprochen und der Zusammenhalt innerhalb der deutschen Gemeinschaft ist stark spürbar. Das deutsche Kaiserreich hielt das heutige Namibia von 1884 bis 1915 besetzt und verlor die Kolonie während des Ersten Weltkrieges an die Alliierten.

Am Folgetag übernahmen wir nach einer ausführlichen Einführung unser Fahrzeug (Toyota Hilux 4x4) und fuhren etwas später mit vollem Tank (2x70 Liter) und gefülltem Kühlschrank (viel Fleisch) Richtung Süden. Zirka 90% aller Strassen in Namibia sind Schotterstrassen. Diese sind jedoch im Gegensatz zur Wild Coast in Südafrika gut gepflegt, so dass sich die Wellblechpisten gut und zügig befahren lassen. So kamen wir am späteren Nachmittag im "Tsauchab River Camp" an. Unsere Campsite für die ersten drei Nächte lag weit abgelegen in einem wunderschönen Tal mit wilden Feigenbäumen. Wir staunten nicht schlecht, als wir vor Ort herzlich von einem Platzwart begrüsst und ein Badezimmerhäuschen mit heissem Wasser vorfanden. Das Dachzelt war zügig aufgeklappt, das Grillfleisch rasch verputzt und um 21 Uhr ging es gut gelaunt die Hühnerleiter hoch ins Zelt. Leider kühlte es in dieser Nacht auf zirka 9 Grad ab und um drei Uhr früh herrschte entsprechend unterkühlte Stimmung im Zelt ;-) Wir bereuten in diesem Moment sehr, nicht die eigenen Daunenschlafsäcke mitgenommen zu haben. So zogen wir Thermounterwäsche, Socken und Mützen an und hofften auf die wärmende Sonne am Morgen.

Während der folgenden Tagen erlebten wir traumhafte, einsame Momente in einmaliger Natur. Auf dem riesigen Gelände des Camps unternahmen wir drei Wanderungen und waren fasziniert von dieser Weite und dem wunderbaren Licht. Und zum Glück blieb es vorerst auch bei dieser einen eisigen Nacht.

Am Donnerstag fuhren wir dann in Richtung Namib-Naukluft National Park und bezogen im Desert Camp eine wunderbare Self-Catering-Unterkunft mit Blick auf die umliegenden Berge. Am Folgetag fuhren wir kurz nach Tagesanbruch über die 65km lange, geteerte Stichstrasse direkt ins imposante Wüstengebiet. Dank Rolfs Fahrkünsten schafften wir auch die letzten 5km durch tiefen Sand und erklommen vom 4x4 Parkplatz "Big Daddy"; mit 380m eine der höchsten Dünen weltweit. Der direkte Abstieg durch den weichen Wüstensand war schnell geschafft und schon standen wir im "Dead Vlei" einer ausgetrockneten Tonpfanne. Namensgebend hierfür sind die vielen abgestorbenen Kameldornbäume, welche aufgrund der extremen Trockenheit konserviert werden. Einige der Bäume stehen dort bereits seit 900 Jahren und bilden einen wunderbaren Kontrast zu den umliegenden, orangen Sanddünen. Wie bereits Südafrika, erhielt auch Namibia dieses Jahr überdurchschnittlichen Niederschlag. So hatten wir das Glück die Salzpfanne mit Wasser anzutreffen. Ein Ereignis, welches zirka nur alle 10 Jahre vorkommt. 

Eines der grössten Privatreservate in Afrika ist das "NamibRand Nature Reserve", welches direkt an den Namib-Naukluft NP anschliesst. Fernab der Zivilisation unternahmen wir in einer kleinen Gruppe eine geführte 3-tägige Wanderung namens Tok-Tokkie Trail. Geschlafen wurde auf komfortablen Feldbetten unter dem funkelnden Sternenhimmel, genüsslich gegessen an einer schön gedeckten Tafel und gewandert in der ergrünten, ältesten Wüste unseres Planeten. Auf der zirka 25km langen Wanderung erfuhren wir zudem viel Interessantes über die Wüstenbewohner und Pflanzenwelt:

  • So schwimmt der "Golden Mole" (Maulwurf) bis zu 6km durch den Sand und hinterlässt lustige Spuren
  • Die Nester der Webervögel sind bis zu 40 Jahre alt
  • Tok Tokkies sind kleine schwarze Käfer, welche durch Klopfgeräusche ihre Partner anlocken
  • Es gibt Wüstenmelonen, welche zwar so riechen aber bitter schmecken
Und hier die neusten Bilder.

Saki unser Platzwart
Saki, welcher seit sieben Jahren diese Site betreut und vor Ort wohnt, schlossen wir von der ersten Sekunde an in unsere Herzen. Er stammt ursprünglich aus der Grenzregion zu Angola, wo seine Frau und seine 5 Kinder noch immer leben. Um ein Mobilenetz zu kriegen, muss er eine Stunde auf den nächsten Berg steigen und sieht seine Familie nur gerade alle 11 Monate. Die N$ 2‘000.- (zirka CHF 130.-) die er monatlich verdient sind für ihn viel Geld, bedeuten aber auch ein Leben in völliger Abgeschiedenheit. Zum Glück konnte er seine Anstellung während Corona behalten und freut sich riesig wieder Gäste auf seiner Site zu begrüssen. Dank Saki hatten wir einen perfekten Einstieg in unsere Namibia-Reise und es machte uns wieder schmerzlich bewusst, wie gut wir es im Leben haben.

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