Mit schwerem Herzen warfen wir einen letzten Blick aus dem Flieger auf den Tafelberg. Würden wir nach den wundervollen 8 Wochen in Südafrika unsere Weiterreise ins trockene Namibia bereuen? Ist übernachten im Dachzelt mit bald 50-ig wirklich eine gute Idee? Diese und andere Fragen gingen mir während des 2-stündigen Flugs von Kapstadt nach Namibia durch den Kopf.
Doch bereits die schöne Fahrt vom Flughafen nach Windhoek liessen viele meiner
Befürchtungen schwinden und die tolle Einführung durch Michelle weckte Vorfreude
auf unsere geplante 33-tägige Rundreise durch Namibia.
Das deutsche Kolonialerbe war in der Hauptstadt besonders stark
zu spüren. Nicht nur die Strassennamen sind deutsch, sondern wir fanden auch Eisbein
und Jägerschnitzel auf der Speisekarte. Zudem wird auch in der dritten
Generation immer noch deutsch gesprochen und der Zusammenhalt innerhalb der
deutschen Gemeinschaft ist stark spürbar. Das deutsche Kaiserreich hielt das
heutige Namibia von 1884 bis 1915 besetzt und verlor die Kolonie während des
Ersten Weltkrieges an die Alliierten.
Am Folgetag übernahmen wir nach einer ausführlichen
Einführung unser Fahrzeug (Toyota Hilux 4x4) und fuhren etwas später mit vollem
Tank (2x70 Liter) und gefülltem Kühlschrank (viel Fleisch) Richtung Süden. Zirka
90% aller Strassen in Namibia sind Schotterstrassen. Diese sind jedoch im
Gegensatz zur Wild Coast in Südafrika gut gepflegt, so dass sich die Wellblechpisten gut und zügig befahren lassen. So kamen wir am späteren
Nachmittag im "Tsauchab River Camp" an. Unsere Campsite für die ersten drei
Nächte lag weit abgelegen in einem wunderschönen Tal mit wilden Feigenbäumen. Wir
staunten nicht schlecht, als wir vor Ort herzlich von einem Platzwart begrüsst und ein Badezimmerhäuschen mit heissem Wasser vorfanden. Das Dachzelt
war zügig aufgeklappt, das Grillfleisch rasch verputzt und um 21 Uhr ging es
gut gelaunt die Hühnerleiter hoch ins Zelt. Leider kühlte es in dieser Nacht
auf zirka 9 Grad ab und um drei Uhr früh herrschte entsprechend unterkühlte
Stimmung im Zelt ;-) Wir bereuten in diesem Moment sehr, nicht die eigenen Daunenschlafsäcke
mitgenommen zu haben. So zogen wir Thermounterwäsche, Socken und Mützen an und
hofften auf die wärmende Sonne am Morgen.
Während der folgenden Tagen erlebten wir traumhafte, einsame
Momente in einmaliger Natur. Auf dem riesigen Gelände des Camps unternahmen wir
drei Wanderungen und waren fasziniert von dieser Weite und dem wunderbaren
Licht. Und zum Glück blieb es vorerst auch bei dieser einen eisigen Nacht.
Am Donnerstag fuhren wir dann in Richtung Namib-Naukluft
National Park und bezogen im Desert Camp eine wunderbare Self-Catering-Unterkunft
mit Blick auf die umliegenden Berge. Am Folgetag fuhren wir kurz nach
Tagesanbruch über die 65km lange, geteerte Stichstrasse direkt ins imposante Wüstengebiet. Dank Rolfs
Fahrkünsten schafften wir auch die letzten 5km durch tiefen Sand und erklommen
vom 4x4 Parkplatz "Big Daddy"; mit 380m eine der höchsten Dünen weltweit. Der direkte Abstieg durch den weichen Wüstensand war schnell geschafft und schon
standen wir im "Dead Vlei" einer ausgetrockneten Tonpfanne. Namensgebend hierfür sind
die vielen abgestorbenen Kameldornbäume, welche aufgrund der extremen
Trockenheit konserviert werden. Einige der Bäume stehen dort bereits seit 900
Jahren und bilden einen wunderbaren Kontrast zu den umliegenden, orangen Sanddünen. Wie bereits Südafrika, erhielt auch Namibia dieses Jahr
überdurchschnittlichen Niederschlag. So hatten wir das Glück die Salzpfanne mit
Wasser anzutreffen. Ein Ereignis, welches zirka nur alle 10 Jahre vorkommt.
Eines der grössten Privatreservate in Afrika ist das "NamibRand Nature Reserve", welches direkt an den Namib-Naukluft NP anschliesst. Fernab der Zivilisation unternahmen wir in einer kleinen Gruppe eine geführte 3-tägige Wanderung namens Tok-Tokkie Trail. Geschlafen wurde auf komfortablen Feldbetten unter dem funkelnden Sternenhimmel, genüsslich gegessen an einer schön gedeckten Tafel und gewandert in der ergrünten, ältesten Wüste unseres Planeten. Auf der zirka 25km langen Wanderung erfuhren wir zudem viel Interessantes über die Wüstenbewohner und Pflanzenwelt:
- So schwimmt der "Golden Mole" (Maulwurf) bis zu 6km durch den Sand und hinterlässt lustige Spuren
- Die Nester der Webervögel sind bis zu 40 Jahre alt
- Tok Tokkies sind kleine schwarze Käfer, welche durch Klopfgeräusche ihre Partner anlocken
- Es gibt Wüstenmelonen, welche zwar so riechen aber bitter schmecken
Saki unser Platzwart
Saki, welcher seit sieben Jahren diese Site betreut und vor Ort wohnt, schlossen
wir von der ersten Sekunde an in unsere Herzen. Er stammt ursprünglich aus der Grenzregion zu Angola, wo seine Frau und seine 5 Kinder noch immer leben. Um ein Mobilenetz
zu kriegen, muss er eine Stunde auf den nächsten Berg steigen und sieht seine
Familie nur gerade alle 11 Monate. Die N$ 2‘000.- (zirka CHF 130.-) die er
monatlich verdient sind für ihn viel Geld, bedeuten aber auch ein Leben in
völliger Abgeschiedenheit. Zum Glück konnte er seine Anstellung während Corona
behalten und freut sich riesig wieder Gäste auf seiner Site zu begrüssen. Dank
Saki hatten wir einen perfekten Einstieg in unsere Namibia-Reise und es machte
uns wieder schmerzlich bewusst, wie gut wir es im Leben haben.
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